Hannes Schneider (1890-1955)
Hannes Schneider (1890-1955)

Hannes Schneider war ein österreichischer Skipionier und Schauspieler, der als einer der einflussreichsten Skilehrer des 20. Jahrhunderts gilt. Er entwickelte die berühmte Arlberg-Technik, die den Skisport nachhaltig prägte. Im Jahre 1939 wanderte er mit seiner Familie nach Amerika aus.

Leben

Johann Baptist Schneider, Rufname "Hannes", wurde am 24. Juni 1890, um 14 Uhr, als Sohn des Josef Schneider und dessen Gattin Filomena geb. Mathies (Matdies) im Haus Nr. 28 in Stuben am Arlberg geboren. Bei seiner Geburt war Frau Filomena Baldauf als Hebamme zugegen, die offensichtlich am Knaben eine Nottaufe vorgenommen hat. Johann Baptist wurde am 25. Juni 1890 von Pfarrprovisor Louis Schenk "sub conditione" in der Pfarrkirche Unserer Lieben Frau Mariä Geburt in Stuben römisch-katholisch getauft. Taufpaten waren Josef Schneider und Apollonia Dietrich.

Jugendjahre

Zur Zeit seiner Geburt herrschte große Armut am Arlberg. Der Bau des Arlbergtunnels hatte die geldbringenden Arlbergüberquerungen per Pferdegespann und Kraftwagen zurückgehen lassen, so dass die Dörfer entlang des Passes in wirtschaftliche Not gerieten. Johann Baptist Schneider wuchs deshalb in Stuben am Arlberg in bescheidenen Verhältnissen auf.

Um 1900 kamen die ersten Skiläufer nach Stuben und weckten das Interesse des jungen Schneider. Er begann zunächst mit selbst gemachten "Bretteln" zu fahren. Im Winter 1903 erhielt er seine ersten Skier geschenkt und im Winter 1905/06 nahm er am ersten Skikurs teil. Er machte bei Konkurrenzen erfolgreich mit und zählte bald zu den besten Jugendläufern.

Aufgrund seiner hervorragenden skifahrerischen Fähigkeiten wurde er im Herbst 1907 zu einem Skirennen in die Schweiz eingeladen.

Rufname "Hannes"

Der junge Schneider wurde von seiner Familie stets "Johann" gerufen. Seinen Rufnamen "Hannes" erhielt er erst Anfang der 1920er Jahre mit knapp 30 Jahren; zu einer Zeit, als er bereits erfolgreicher Skilehrer in St. Anton am Arlberg war. Erstmals taucht der Name Hannes Schneider in Zusammenhang mit dem Film "Der weiße Rausch - neue Wunder des Schneeschuhs" auf.

Skilehrer und Skischule in St. Anton am Arlberg

Der Ruf seines Könnens erreichte auch St. Anton am Arlberg, einem bereits damals renommierten Wintersportort. Am 7. Dezember 1907 erhielt Schneider von den Hoteliers Carl Schuler und Ing. Rudolf Gomperz eine Anstellung als Skilehrer im Hotel Post. Rudolf Gomperz war zudem Obmann des Schiclubs Arlberg. Beide waren früher Förderer von Hannes Schneider. In St. Anton war Schneider 31 Jahre lang erfolgreich tätig.

Noch vor dem Ersten Weltkrieg gründete Hannes Schneider mit Unterstützung zweier Skilehrer eine Skischule mit Gruppenunterricht.

1911 musste Schneider zum k.k. Artillerieregiment "Kaiser" Nr. 14 einrücken, durfte jedoch schon Ende des Jahres wieder zum Arlberg zurückkehren. Im Ersten Weltkrieg war er unter anderem einer Bergführerkompanie zugewiesen, in der er als Instruktionsoffizier Skikurse abhielt. Den Krieg überstand er ohne schwerwiegende Verletzungen, so dass er nach seiner Rückkehr ins zivile Leben am 8. November 1918 unmittelbar wieder als Skilehrer arbeiten konnte.

Einer seiner engsten Freunde war Dr. Anton Tschon. Beide kannten sich seit ihrer Jugend als Mitglieder des Schiclubs Arlberg. Gemeinsam entwickelten sie zwischen 1929 und 1930 den österreichischen Skilehrplan – die erste offizielle Grundlage für staatlich regulierten Skiunterricht. Dieser Lehrplan trat 1931 in Kraft und ebnete den endgültigen Weg für den Durchbruch der "Arlbergtechnik", die sich wesentlich von der damals verbreiteten "Norwegertechnik" und der "Lilienfeldertechnik" unterschied. Während anderorts noch der Telemark-Stil gelehrt wurde, lehrte er den sogenannten Stemmbogen, der dann in den 1930er Jahren vom heute noch aktuellen Parallelschwung von Anton Seelos abgelöst wurde.

Es zog immer mehr Schibegeisterte nach St. Anton, um bei Hannes Schneider das Skifahren zu lernen. In der Folge kam es zur ersten großen Entwicklungsphase St. Antons in der Zwischenkriegszeit, als sehr viele Gästepensionen und Gasthäuser gebaut sowie die entsprechende Infrastruktur geschaffen wurden. Im Jahre 1937 wurde die Seilbahn auf den Galzig gebaut. Die Skischule war inzwischen auf etwa 30 Schilehrer angewachsen. St. Anton brachte in dieser Zeit eine Reihe hervorragender Rennläufer hervor: Rudi Matt, Friedl Pfeifer, Pepi Jennewein und die Brüder Pepi und Franz Gabl.

Sporthaus Hannes Schneider in St. Anton am Arlberg

Familienleben

Am 28. April 1919 heiratete er in Stams die aus St. Anton am Arlberg stammende Lidwina Seeberger (1890-1939). Aus dieser Ehe stammen die zwei Kinder Herbert und Herta Schneider. 1922 errichtete die Familie Schneider, die zuvor zur Miete gewohnt hatte, an der Dorfstrasse und heutigen Fußgängerzone von St. Anton ihr neues Wohn- und Geschäftshaus, das "Sporthaus Hannes Schneider".

Skirennen und Reise nach Japan

Schneiders rechter Oberschenkel war nach einem Skiunfall im Jahre 1925 circa zwei Zentimeter kürzer, so dass er stets orthopädische Skischuhe tragen musste. 1928 richteten er und der englische Skipionier Sir Arnold Lunn das erste Arlberg-Kandahar-Rennen in St. Anton aus - eine Kombination aus Abfahrtslauf und Slalom.

Schneiders Ruf war mittlerweile bis nach Japan vorgedrungen, was nicht zuletzt daran lag, dass sein Buch "Wunder des Schneeschuhs" auf Japanisch erschienen war. Verfasser dieses Buches war sein langjähriger Mentor und Weggefährte Rudolf Gomperz, welches unter dem Namen von Hannes Schneider veröffentlicht wurde. Im Jänner 1930 erhielt er vom japanischen Prinzen Chichibu eine Einladung nach Japan. Am 24. Februar 1930 trat er die lange Reise per Zug an, quer durch die damalige Sowjetunion.

Er besuchte während seines Aufenthaltes unter anderem Kobe, Kyoto, Osaka, Tokio, Takata, Nagano und Nozawa Onsen. Auf fast allen Stationen seiner Japan-Reise hielt er Vorträge und Seminare und erläuterte seine Arlberg-Technik des Skilaufes, auch gab er Skikurse, insbesondere in dem Skiort Nozawa Onsen. Am 31. Mai 1930, nach über drei Monaten, kehrte Schneider wieder in seine Heimat am Arlberg zurück.

Filmkarriere

Schneider spielte in fünfzehn der damals sehr populären Skifilme mit. Dazu zählten "Der weiße Rausch" von Dr. Arnold Fanck, der im Winter 1930/31 in St. Anton gedreht wurde, ferner die Dokumentationsfilme "Das Wunder des Schneeschuhs" und "Die weiße Kunst". Auch aufgrund der großen Erfolge dieser Filme erfuhr das Skilaufen in den 1930er Jahren im deutschsprachigen Raum eine rasch steigenden Popularität. Bei den Dreharbeiten zu dem Film "Der heilige Berg" von 1926 überlebte er nur knapp einen Sturz in eine Gletscherspalte.

NS-Zeit - Verhaftung und Auswanderung

In den Jahren vor dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich traten auch in St. Anton politische Differenzen unheilvoll zutage. Hannes Schneider und seine Freunde, welche mit dem Nationalsozialismus nicht einverstanden waren, wurden nachdem Anschluss 1938 ihrer Posten enthoben und zum Teil eingesperrt.

Am 13. März 1938 wurde Schneider von den Nationalsozialisten in "Schutzhaft" genommen und ins Gefängnis nach Landeck gebracht. Er hatte sich nach dem Anschluss Österreichs mehrfach öffentlich gegen das Nazi-Regime und seine Methoden ausgesprochen und war seinen jüdischen Freunden wie bspw. Rudolf Gomperz beigestanden. In seiner Skischule verwahrte er sich gegen jegliche Nazi-Parolen und Ideologien, zudem entließ er einen Skilehrer, der NS-Propaganda betrieb. Auch weigerte er sich, in seiner Skischule nur Arier zu unterrichten.

Aufgrund internationalen Drucks und nicht zuletzt aufgrund von Bemühungen von Sir Arnold Lunn und seiner sehr guten Ski-Freundin, der international vernetzten Amerikanerin Alice Damrosch Wolfe Kiaer, wurde er am 10. April 1938 wieder freigelassen. Zuvor war er auf Intervention von Dr. Karl Roesen, ein gemeinsamer enger Freund von Alice Damrosch Wolfe Kiaer und Hannes Schneider, mit guten Kontakten zur Parteispitze, nach Garmisch-Partenkirchen in Sicherheit gebracht worden. Dort stand er unter Hausarrest und ist aufgrund des großen persönlichen Schutzes und der Unterstützung von Dr. Karl Roesen weiteren Schikanen knapp entkommen. Da man ihm jedoch das Skilehrerpatent entzogen hatte, war er praktisch mit einem Berufsverbot belegt.

Benno Rybizka, der bereits seit zwei Jahren im Staate New Hampshire eine Skischule leitete, war mit Schneider in Garmisch in Verbindung getreten und versuchte, ihm die Einreiseerlaubnis nach Amerika zu verschaffen. Nun trat Mr. Harvey Dow Gibson (1882-1950) in das Geschehen ein. Als schwerreicher Vorsitzender eines amerikanischen Bankenkonsortiums war er für die Abwicklung kurzfristiger Kreditgeschäfte mit Nazi-Deutschland zuständig. Ihm gelang es, Schneider und seine Familie nach Amerika zu bringen. Seine Gegenleistung bestand darin, für das Deutsche Reich einen kurzfristigen Kredit zu beschaffen. Mr. Gibson kannte nämlich den deutschen Finanzminister Hjalmar Schacht aus früheren Jahren sehr gut.

Hannes Schneider verkaufte sein Sportgeschäft in St. Anton und emigrierte mit seiner Familie im Jänner 1939 in die Vereinigten Staaten. An Board der Queen Mary reisten bis nach New York City an und dann per Zug nach North Conway, wo sie am 11. Februar 1939 ankamen. Dort wurden sie im Park vor dem Bahnhof von den Einwohnern begrüßt, die mit ihren Stöcken einen Skibogen bildeten, unter dem die Schneiders hindurchgingen. Gibson übertrug Hannes Schneider anschließend die Leitung der Skischulen, die er von Carroll Reed in Jackson und Cranmore erworben hatte.

Hannes Schneider Ski School North Conway, New Hampshire

Leitung des Skizentrums North Conway, NH (USA)

Hannes Schneider, der "Vater des modernen Skifahrens", übernahm unverzüglich die Leitung des im Aufbau begriffenen Skizentrums North Conway. Mit den Schneiders in Cranmore entwickelte sich das Gebiet zu einem der führenden frühen Skigebiete des Landes.

Noch im Jahre 1939 erlitt die Familie Schneider einen herben Verlust - Frau Lidwina Schneider starb am 13. August 1939 in North Conway.

Schneiders St. Antoner Mitarbeiter Franz Kössler, Anton Matt, Otto Tschol und Benno Rybizka hielten fest zu ihm und der Mount Cranmore wurde für alle zum "Galzig" Amerikas. Da wurden neben anderen Abfahrten eine "Kandahar-Abfahrt" und eine "Waldschneise" ausgeholzt, die an den "Galzig" der Heimat erinnerten. Zum Andenken an den im Jahre 1944 tödlich verunglückten Franz Kössler wurde auch eine "Franz-Kössler-Abfahrt" errichtet.

Hannes Schneider und seine Mitarbeiter stampften in wenigen Jahren einen Wintersportplatz aus dem Boden, der von den Skibegeisterten Oststaatlern gerne angenommen wurde. Auf dem Mount Cranmore bestand bereits eine Aufstiegshilfe, eine Standseilbahn, welche in zwei Sektionen vom Talboden bis zum Gipfel führte.

Im Zweiten Weltkrieg war Hannes Schneider als Instructor der 10th Mountain Division Ski Troops tätig, in der auch sein Sohn Herbert diente.

Die letzten Jahre seines Lebens

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam Hannes Schneider erstmals 1947 nach St. Anton heim; er hatte seine Heimat acht Jahre lang nicht gesehen. Am Bahnhof empfingen ihn viele seiner Freunde. In der Folge kam Hannes Schneider fast jedes Jahr nach St. Anton, um sich hier mit Freunden zu treffen und den Kandaharrennen beizuwohnen oder auf seine geliebte Jagd zu gehen.

Trotz der Reisen in seine alte Heimat am Arlberg blieb sein Wohnsitz in den Vereinigten Staaten, wo er am 26. April 1955 im Alter von 65 Jahren an einem Herzinfarkt verstarb. Er ruht in North Conway an der Seite seiner Frau Lidwina. Auf dem Friedhof von St. Anton am Arlberg erinnern ein Ehrengrab und in Stuben eine Bronzetafel am Geburtshaus an den großen Schipionier Hannes Schneider.

Filmografie (1920-1933)

  • Das Wunder des Schneeschuhs
  • Die weiße Kunst
  • Im Kampf mit dem Berge
  • Eine Fuchsjagd durchs Engadin
  • Der Berg des Schicksals
  • Der heilige Berg
  • Der große Sprung
  • Der Kampf ums Matterhorn
  • Die weiße Hölle vom Piz Palü
  • Der weiße Rausch - neue Wunder des Schneeschuhs
  • Mit den Skiern in den Alpen
  • Stürme über dem Mont Blanc
  • Abenteuer im Engadin
  • SOS Eisberg
  • Der König des Mont Blanc

Ehrungen

  • Ehrenbürger der Gemeinde St. Anton am Arlberg
  • Ehrenbürger der Gemeinde North Conway, NH (USA)
Denkmäler

Gedenksteine und Denkmäler stehen in folgenden Gemeinden:

  • An seinem Geburtshaus Nr. 14 in Stuben am Arlberg
  • St. Anton am Arlberg
  • Nozawa Onsen und fünf weiteren Orten in Japan
  • North Conway, NH (USA)
Straßennamen
  • In der Gemeinde St. Anton am Arlberg ist nach ihm der "Hannes-Schneider-Weg" benannt.
  • In der Gemeinde Stuben am Arlberg ist nach ihm die "Hannes-Schneider-Promenade" benannt.
  • In der Gemeinde North Conway, NH (USA) sind nach ihm die "Schneider-Road" und der "Hannes-Schneider-Square" benannt.
Sonstiges
  • 1936 wurde Schneider das Offizierskreuz des österreichischen Verdienstordens verliehen.
  • Im Skigebiet von North Conway wird jährlich "The Hannes Schneider Meister Cup Race" ausgetragen.
  • Nahe North Conway gibt es seit 1992 ein Skimuseum, das als Ausstellungs-Schwerpunkt das Leben und Wirken von Hannes Schneider in den USA hat.
  • Hannes Schneider war Ehrenmitglied des Ski-Club Arlberg.
  • 1958 wurde Schneider in die National Ski Hall of Fame aufgenommen.

Seine Genealogie befindet sich im Stammbaum-Netzwerk der Ahnenforscher-Plattform verwandten.info.

Quellen: Matriken, Wikipedia, Walserheimat in Vorarlberg (Ausgabe Nr. 47, 1990), newenglandskimuseum.org